Die Ausrüstung: Welches Objektiv und Stativ?
Die wohl wichtigste Frage. Bei mir war es so: Anfangs war ich meist mit einem Zoom (17-50mm f/2.8) unterwegs um flexibel zu sein. Das hat auch sehr gut geklappt, war aber schlicht nicht nötig. Immer öfter habe ich ein 15mm f/2.8 und eine 50mm Festbrennweite mit einer Blende von f/1.7 mitgenommen – irgendwann dann nur noch diese beiden. Ich brauchte einfach nichts anderes und die Bildqualität ist eine ganze Ecke besser.
Was für ein Objektiv brauche ich?
80% meiner Lost Place-Fotos habe ich mit dem 15mm Weitwinkel geschossen, das 50er habe ich lediglich für Detailaufnahmen benutzt – oder wenn ich Menschen in einem „Lost Place“ fotografiert habe. Ist ja auch eine klassische Portrait-Brennweite
Kurzum: Das wichtigste ist ein möglichst starkes Weitwinkel-Objektiv. Gerne auch eine Festbrennweite, auch wenn man einen Tick unflexibler ist als mit einem Zoom – zumindest mir hat das gar nichts ausgemacht.
Ohne Stativ geht nix!
Die Lichtstärke des Objektivs ist beim Fotografieren in Lost Places eher unwichtig – womit wir auch direkt zum nächsten Punkt kommen: Da das Licht in solchen verlassenen Orten meist sowieso sehr bescheiden ist, ist ein Stativ nahezu unerlässlich. Es sei denn man dreht die ISO bis zum Anschlag hoch und hat somit total verrauschte Fotos, aber das möchte natürlich keine(r).
Welche Kamera-Einstellungen?
Die richtige Belichtung
Da man, wie gesagt, optimalerweise sowieso ein Stativ zur Hand hat, kann man die Belichtungszeit beliebig wählen. Sie spielt also keine besondere Rolle. Lange Zeiten können sogar erwünscht sein, da man das Bild dadurch mit der Taschenlampe „auswedeln“ – und so an bestimmten Stellen mehr oder weniger Licht setzen – kann. Später mehr dazu.
Mehr zum verlassenen Gefängnis in NRW.
Die ISO-Zahl ist aus demselben Grund (Stativ) ebenfalls zu vernachlässigen. Einfach auf 100 festtackern und dafür die Belichtungszeit höher setzen.
Deswegen kann auch die Blende beliebig angepasst werden. Trotzdem ist es, wie nahezu überall, nicht verkehrt ein relativ lichtstarkes Objektiv bei seiner Urbex-Tour zur Hand zu haben. Man möchte ja auch nicht immer 30 Sekunden, oder gar im Bulb-Modus belichten, wenn man sich „illegal“ in irgendwelchen verlassenen Gebäuden aufhält.
Möchte man in einem Lost Place – oder wo auch immer – freihand fotografieren, muss die Belichtungszeit natürlich verkürzt und die ISO erhöht werden. Ein lichtstarkes Objektiv zahlt sich hier besonders aus. Um Verwacklungen zu vermeiden gilt wie immer die Faustregel:
Maximale Belichtungszeit = 1 / Brennweite
Die Bilder sollen maximal scharf werden
Zwei Worte: Spiegelvorauslösung und Fernauslöser.
Es bietet sich an die Spiegelvorauslösung an der Kamera zu aktivieren. Das geht bei nahezu jeder einigermaßen modernen DSLR über das Hauptmenü oder einen Schalter am Modus-Einstellrad. Diese Einstellung dient dazu, dass der Spiegel in der Kamera bereits vor der eigentlichen Bildaufnahme hochgeklappt wird, und so eine Vibrationsquelle, welche für Verwacklung bzw. unscharfe Bilder sorgen kann, wegfällt.
Durch das Benutzen eines Fernauslösers – Kabel oder Infrarot ist hierbei ziemlich egal – kann weitere potenzielle Unschärfe durch Verwacklung eliminiert werden. Kamera aufs Stativ, Auslösung auf Fernauslöser (ggf. samt Spiegelvorauslösung) stellen und abdrücken.
Solche Fernauslöser sind natürlich nichts essentielles, kosten aber auch gerade mal 5 Euro. Ich habe das Standardmodell, den Nikon ML-L3, an meiner D610. Alternativ kann man natürlich auch einfach den Selbstauslöser der Kamera benutzen.
Mit der Taschenlampe ausleuchten?
Eine einigermaßen gute Taschenlampe ist unerlässlich – klar, man will ja auch sehen wohin man läuft und nicht im nächsten Loch im Boden verschwinden; allerdings auch zum Fotografieren.
Die richtige Beleuchtung
Es kann vorkommen, z.B. wenn man sich in unterirdischen Bunkern o.Ä. herumtreibt, dass absolut gar kein Licht vorhanden ist. Da bringt die längste Belichtungszeit, höchste ISO und größte Blende nichts. Hier kann man sich mit Taschenlampe oder Blitz Abhilfe schaffen.
Ein Blitz hat hier allerdings mehrere Nachteile: 1. Auf die Kamera montiert ist er relativ empfindlich und könnte kaputt gehen, gerade wenn man in einer so unwirtlichen Umgebung wie einem Lost Place fotografiert. 2. Nicht jede(r) hat einen Aufsteckblitz. 3. Man kann nicht so gezielt wie mit einer Taschenlampe belichten.
Es empfiehlt sich also eine Taschenlampe zu benutzen. Bei einer Belichtungszeit von mehreren Sekunden kann man das Bild bequem „auswedeln“ und gleichmäßig ausleuchten. Außerdem kann man wichtige Teile des Bildes stärker beleuchten, als nebensächlichere – ganz wie man möchte.
Wie viel Licht hier zu wenig oder genug ist probiert man am besten einfach aus indem man die Belichtungszeit und/oder die Ausleuchtung mit der Taschenlampe variiert. An der Seite befindet sich ein Beispielbild, was ich auf diese Weise gemacht habe.
Hier gibt's die ganze Geschichte zum verlassenen Bunker im Bild.
Der Fokus sitzt im Dunklen nicht
Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Wenn man ohnehin auf Unendlich fokussieren möchte – was bei starken Weitwinkeln meistens der Fall ist – stellt man den Fokus einfach auf unendlich und fertig. Bei Objektiven deren Unendlich-Stellung nicht am Anschlag des Fokusrings, sondern kurz davor liegt, schaut man am besten schon zuhause, bis zu welchem Punkt man drehen muss, damit richtig auf Unendlich fokussiert ist.
Möchte man nicht auf unendlich fokussieren, oder weiß nicht wie weit man genau drehen muss um auf Unendlich scharf zu stellen, kann man sich mit der Taschenlampe Abhilfe schaffen. Einfach den Punkt auf den man fokussieren möchte mit der Taschenlampe anleuchten, scharf stellen und fertig. So sollte genügend Licht vorhanden sein, damit der Autofokus arbeiten kann.
Lost Places fotografieren - Fazit
Das wichtigste ist also ein Objektiv mit möglichst kleiner Brennweite, ein starkes Weitwinkel. Dazu sollte unbedingt ein Stativ vorhanden sein – robuste, aber nicht zu schwere bekommt man schon für ungefähr 50 Euro.
Eine Taschenlampe ist nicht nur dafür essentiell, dass man genug sieht, sondern auch zum fotografieren der „Lost Places“: Hauptsächlich zum Ausleuchten, ggf. aber auch zum Fokussieren. Spiegelvorauslösung und ein Fernauslöser können helfen die Fotos möglichst scharf zu halten.
Das wichtigste ist und bleibt aber natürlich „ein Gutes Auge“ für lohnende Motive ;)
Hier gibt's die ganze Geschichte zur verlassenen Kaserne im Bild.
Ich hoffe, ich konnte dem bzw. der ein oder anderen ein wenig dabei helfen, dass die Fotos der nächsten Urbex-Tour gelingen. Mir hätten manche dieser Tipps am Anfang wohl einiges gebracht, denke ich. Habe ich etwas wichtiges vergessen? Quatsch erzählt? Einfach schreiben!
Bonus: Diese Anleitung gibt es nun auch als E-Book zum Download und Ausdrucken - natürlich kostenlos.
Viel Spaß und bis bald!
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