Lost Places. Fotografie. Ruhrgebiet.

Lost Place: Verlassene Villa eines Krupp-Direktors in NRW

Die verlassene, alte Villa des Krupp-Direktors: Ein spannender Lost Place
Die verlassene, alte Villa des Krupp-Direktors: Ein spannender Lost Place

Die verlassene Villa in NRW, ein Lost Place mit spannender Geschichte: Einst Wohnsitz des Stahlwerksdirektors von Krupp Rheinhausen und erbaut in den 1950ern, nun steht sie völlig leer - doch die Einrichtung ist zum großen Teil noch erhalten. Selbst Blumen stehen noch auf dem Tisch. Vieles an diesem vergessenen Ort ist gut erhalten. Eine Golfclub-Rechnung über 8.000 DM gefällig? Oder ein Schweizer Bankkonto?

Im Gegensatz zu den alten Krupp-Direktorenvillen in Bliersheim, auf dem ehemaligen Krupp-Gelände in Duisburg Rheinhausen, befindet sich diese verlassene Villa zwar in NRW, aber nicht in Rheinhausen selbst. Denn in den alten Villen von Bliersheim wohnten zwar hohe Beamte von Krupp, in dieser hier aber der Direktor des gesamten Stahlwerks höchstpersönlich, weswegen die Villa auch nicht mitten auf dem alten Werksgelände steht.

Im Erdgeschoss der verlassenen Villa
Im Erdgeschoss der verlassenen Villa

Die suche nach der Adresse

Die Adressen von Lost Places zu finden ist ja oft nicht ganz so leicht. So auch dieses mal.

Ein Freund bekam einen Tipp mit dem angeblichen Standort einer alten, verlassenen Villa in NRW und zwei Tage später an einem schönen April-Tag sitzen er, eine Freundin und ich im Auto. Dort angekommen suchen wir die umliegenden Häuser – größtenteils ebenfalls Villen – nach den uns bekannten Merkmalen ab: Holzzaun mit Stacheldraht, auf einem kleinen Hügel liegend, zwei Garagentore und ein Straßenname – nichts zu sehen.

Das alte Gebäude aus der Luft (© Google)
Das alte Gebäude aus der Luft (© Google)

[Anm.: Das Satellitenbild der Villa wurde ausgetauscht, da das erste nicht das richtige war.]

Die Tippgeberein hat sich in der Straße vertan, wir finden die Villa dann aber doch mittels Google Earth.

Tipp: Sucht man einen Lost Place, der vermutlich einen Pool hat, muss man eigentlich nur mittels Google Earth nach einem gammelig-grünen, eckigen Flatschen ausschau halten.


Der Krupp-Direktor: Chef meines Opas!

Krupp Rheinhausen 1963: Rechnung an den Direktor
Krupp Rheinhausen 1963: Rechnung an den Direktor

Nicht ein mal eine Minute nachdem wir die verlassene Villa betreten haben, entdecken wir einen dicken Ordner mit Rechnungen. Der Herr Direktor hat es sich offensichtlich ganz gut gehen lassen: Diverse Mäntel für 500 DM aus einer Hamburger Schneiderei, unzählige(!) Quittungen von Dienstreisen um die halbe Welt – teilweise in Länder die heute gar nicht mehr existieren! - und eine Golfclub-Mitgliegschaft. Für sich und seine Frau. Der Jahresbeitrag allein für sie betrung knapp 8.000 Mark. Heute wären das pro Jahr für beide zusammen locker 35.000 Euro!

Golfclub-Jahresbeitrag: Umgerechent gut 17.500 Euro
Golfclub-Jahresbeitrag: Umgerechent gut 17.500 Euro
Rechnung von 1950
Rechnung von 1950

Schnell stellte sich heraus, dass der ehemalige Hausherr der Villa – Herr F. – in den 1950er Jahren Direktor des Krupp-Stahlwerks in Duisburg Rheinhausen war. Genau zu der Zeit, als mein Großvater dort seine Arbeit als Werksschlosser aufnahm. Gekannt haben werden sie sich aber wohl nicht.


Das Villenleben in den 1950ern

Nicht nur die verlassene Villa an sich, auch viel von ihrer Einrichtung ist noch bestens erhalten – im Gegensatz z.B. zur Villa Anna L. Im Erdgeschoss befinden sich das alte Arbeitszimmer von Herrn F., die Garagen und sein Ankleidezimmer. Besonders angetan hat es mir ein uralter Kofferplattenspieler auf seinem massiven Schreibtisch. Tolles Fotomotiv.

Eine Etage höher – zu erreichen über eine Treppe mit rotem Teppich und goldenen Fixierungen – die Küche, das Wohnzimmer und ein paar Aufenthaltsräume. Überall Fensternischen mit kleinen Tischchen und kunstvoll geschnitzten Holzstühlen, damit auch überall spontan ein Kafeekränzchen abgehalten werden konnte. Ganz oben im Haus Bade-, Schlaf- und zwei Kinderzimmer.

Im alten Gebäude gefunden: Wählscheibentelefon
Im alten Gebäude gefunden: Wählscheibentelefon
Die Krawatten des Direktors
Die Krawatten des Direktors

Im Ankleidezimmer der Villa hingen seine Krawatten noch immer fein säuberlich aufgereiht an der mittlerweile total verschimmelten Innenschrankwand. Auf einem Tischchen neben einem Canapé steht noch ein Wählscheibentelefon samt Adressbuch und einer gruseligen Puppe. Ganz unten ist sogar noch ein Weinkeller vorhanden – allerdings leer.

Der Weinkeller der Villa
Der Weinkeller der Villa
Alter Rasenmäher mit Spikes
Alter Rasenmäher mit Spikes

Und trotz all dem Geld scheint er ein sehr belesener (Geschäfts-)Mann gewesen zu sein: Neben massig Belletristik und Jerry-Cotton-Heftchen finden sich auch Titel wie "Unternehmerisches Risiko oder Chance? Investitionen in Dritte-Welt-Länder". Mhm.

Die alte Villa: Vergessen und verlassen
Die alte Villa: Vergessen und verlassen
Verlassener Fensterplatz in der alten Villa
Verlassener Fensterplatz in der alten Villa

Ein wenig traurig ist es schon

Im Wohnzimmer des Herrenhauses ruhen zwei Sessel zwischen Kamin und Fenster. Auf der Fensterbank stehen sogar noch ein paar rote Rosen in einer Vase – als hätte hier erst gestern noch jemand gesessen. Man kann sich richtig vorstellen, wie Familie F. hier in dieser Villa vor knapp 65 Jahren gelebt und ihrem Alltag verbracht hat:

Uralter Plattenspieler im Arbeitszimmer
Uralter Plattenspieler im Arbeitszimmer

Er als Stahlwerksdirektor dauernd im Arbeitszimmer, sie mit einer Freundin, Kaffee und Kuchen am Fensterplatz, ein Kind mit Nanny im Garten und eins eine Etage höher in seinem Zimmer. Eventuell eine Haushälterin in der Küche. Die typische 1950er-Familie mit Geld eben.

Irgendwie traurig, denn vermutlich sind Herr F. und seine Frau schon längst gestorben. Und alles was von dieser Villa, ihrem Lebensmittelpunkt, geblieben ist, ist dieser vergessene Ort.


Kotzgrün-beige-goldene Depression

Genug Sentimentalität: Was zur Hölle war eigentlich mit den Leuten in den 1950ern los, dass sich stilistisch so eingerichtet haben? Kotzgrüner Teppich hier, beige-farbene Wände dort und bayerisch angehauchte Püppchen in rosanem Rock. Ein pink-blau gefliestes Bad. Ich bekomme Instant-Depressionen...

Bescheiden und geschmackvoll, der Hausherr...
Bescheiden und geschmackvoll, der Hausherr...
Badezimmer der Villa im 1950er-Jahre-Stil
Badezimmer der Villa im 1950er-Jahre-Stil

Bescheidenheit war wohl auch eher nicht die Stärke der Villenbewohner. Überall finden wir falsch(?)-vergoldete Rahmungen, Umrandungen und Einfassungen. Spießigkeit hoch Zehn. In einem der drei Schlafzimmer hängt gar ein Kronleuchter von der Decke.

Schatten wie im Film Noir...
Schatten wie im Film Noir...
Schweizer Bankkonto
Schweizer Bankkonto

Sein Vermögen, von dem er wahrlich genug gehabt haben dürfte, hat der "gute Mann" vermutlich in die Schweiz gebracht, man beachte das Foto. Eine schweizer Bank.


Die Sonne sinkt und allmählich wird es Abend. Wir packen langsam zusammen und und machen uns auf den Heimweg. Dabei fragen wir uns, wieso die Villa überhaupt leer steht: Weswegen sind nach dem Ableben von Herrn und Frau F. nicht ihre Kinder hier eingezogen? Oder haben ihre alte Villa zumindest verkauft? Wieso das Haus einfach verfallen lassen? Keine Ahnung. Naja – so gibts zumindest ein verlassenes Gebäude mehr für uns. Auch gut.

Update: Wie es scheint befindet sich die verfallene Villa im Besitz zweier in der Nähe wohnender Geschwister, welche sich allerdings nicht einig darüber sind, wem von beiden sie zusteht. Deswegen steht sie wohl auch leer. Wichtig: Da sie ganz in der Nähe wohnen, empfehle ich eher nicht, diesen "verlassenen" Ort derzeit aufzusuchen.

Wie immer hoffe ich, dass Dir die verlassene Villa und der kleine Ausflug in die Vergangenheit genau so viel Spaß gemacht haben wie mir. Bei Lob, Kritik und Ergänzungen, lass gerne ein Kommentar da!

Erscheinungsdatum
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16 Kommentare

KommentareMöchtest Du auch einen schreiben?
  1. Peter E,Peter E, |

    Wenn noch persönliche Gegenstände rumlagen, könnte es einen zusammenhang mit Pest oder dergleichen gegeben haben.....

    1. Finn (SagtMirNix)Finn (SagtMirNix) |

      Hallo Peter!

      Oha, wie kommst du denn da drauf?

      Noch habe ich jedenfalls keine schwarzen Pestbeulen an mir entdeckt. Und so schmutzig war die alte Villa (bis auf die Küche) auch nicht.

      Alle die die verlassene Villa noch besuchen wollen, kann ich aber beruhigen: Die schwarze Pest braucht Wirttiere, auf denen sich die Flöhe die sie verbreiten breit machen können. Und Tiere gabs in diesem Lost Place nicht ;)

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  2. LuLu |

    Ich habe nach langer Recherche den Standpunkt der alten Villa ausfindig machen können; da du jedoch erwähnt hattest, diesen Ort momentan besser nicht aufzusuchen, würde ich mich gerne erkundigen woher der Hinweis diesbezüglich kam?

    1. Finn (SagtMirNix)Finn (SagtMirNix) |

      Hallo Lu!

      Die Information eine mir eine Person über Facebook zukommen lassen, nachdem sie dort meine Bilder von der Villa gesehen hatte.

      Sie kennt diesen Lost Place schon lange und war schon mehrfach da. Und bei einem Besuch hat sie mit einem Anwohner geredet, der ihr das dann erzählt hat.

      Achja: Könntest du mir evtl. bei FB oder per Mail schreiben, wie du die Villa gefunden hast? Falls das mit einer Info aus diesem Artikel zusammenhängt, würde ich sie gern hier rausnehmen. Falls du sowieso anders recherchiert hast, alles gut :)

      Viele Grüße,

      Finn

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  3. Tuennes ScheelTuennes Scheel |

    Hallo (:

    Ich hatte mich auf Instagram bei dir mal gemeldet bezüglich der Villa.

    Kannst mir ja vielleicht mal antworten :)

    Ich habe auch gute Angebote für dich was Koordinaten angeht :)

    Grüße :D

    1. Finn (SagtMirNix)Finn (SagtMirNix) |

      Hallo!

      Ich schaue sofort nach, was du geschrieben hast, Sekunde.

      Am besten bin ich immer über diese Website oder über Facebook zu erreichen :) Da bekomme ichs am schnellsten mit.

      Aber ich antworte zu 100% immer auf jede Nachricht, auch wenns manchmal ein wenig dauert.

      Viele Grüße!

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    2. Tuennes ScheelTuennes Scheel |

      Schau doch nochmal rein ;)

      Vielleicht ist ja was fùr dich dabei ;)

      Gruß

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    3. Finn (SagtMirNix)Finn (SagtMirNix) |

      Mache ich! Heute noch, versprochen.

      Und wie gesagt: Ich antworte auf jede einzelne Meldung, nur kann es eben manchmal ein wenig dauern, da sich die Kontaktanfragen mit zunehmender Leserzahl stark gehäuft haben :)

      Viele Grüße,

      Finn

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  4. YasminYasmin |

    Hallo :)

    Du hast auch eine Mail von mir erhalten. Da du schreibst, dass du die Nachrichen hier am Ehesten mitbekommst wollte ich mich hier einmal melden.

    Vielleicht kann man sich ja mal austauschen :)

    1. Finn (SagtMirNix)Finn (SagtMirNix) |

      Hallo Yasmin!

      Ich hatte leider die letzte Zeit ziemlich viel zu tun und noch nicht die Zeit, alle Nachrichten, die sich so angestaut haben, zu beantworten.

      Ich melde mich aber auf jeden Fall bei dir, versprochen!

      Und klar, können gern mal quatschen :)

      Viele Grüße,
      Finn

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  5. Christine B.Christine B. |

    Hallo,
    ich war heute in der Villa Thyssen. Jedenfalls hoffe ich, dass ich auch in der Villa war in der du warst, denn diese war komplett ausgeräumt und die Wände waren teilweise aufgerissen. Trotzdem riesengroß und beeindruckend :)

    1. Finn (SagtMirNix)Finn (SagtMirNix) |

      Hi Christine,

      eine verlassene Villa, die mit Thyssen zu tun hat, kenne ich gar nicht.

      Wenn Du Lust hast, kannst Du dich aber gerne per E-Mail oder Facebook bei mir melden und wir quatschen mal ein bisschen. Falls nicht natürlich auch kein Problem :)

      Viele Grüße,
      Finn

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  6. Rain Rain |

    Seit ihr da einfach so reingegangen oder hattet ihr eine Genehmigung dafür?
    Würde mich echt interessieren, bin nämlich immer sehr vorsichtig wenn es darum geht einen lost place einfach so zu betreten.
    Lg

    1. Finn (SagtMirNix)Finn (SagtMirNix) |

      Hallo Rain,

      eine Genehmigung hatten wir nicht, wir sind einfach so in die alte Villa gegangen.

      Aber: Man konnte einfach hineingehen, das Grundstück war betretbar, ohne über einen Zaun klettern zu müssen und eine Kellertür stand offen. Haben also (selbstverständlich) nichts aufgebrochen, kaputt gemacht oder so.

      Ein gewisses Restrisiko erwischt zu werden bleibt aber natürlich immer, das gehört einfach dazu.

      Viele Grüße,
      Finn

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  7. GeisterjägerinGeisterjägerin |

    Hallo,

    Ist das zufaellig diese unheimliche Geistervilla mit der roten treppe in Ratingen von der man immer Fotos sieht?

    LG Katha

    1. Finn (SagtMirNix)Finn (SagtMirNix) |

      Hi Christina,

      ich kann hier so offen leider aus den bekannten Gründen keine genauen Angaben zur Adresse bzw. zum Standort der Villa machen. Auch nicht, ob sie in Ratingen steht oder nicht, sorry...

      Du weißt ja.. Ortsangaben sind nicht so gerne gesehen und ich habe keine Lust auf Stress :)

      Viele Grüße!

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