Die verlassene Zechensiedlung Gladbeck
Ursprünglich handelte es sich um eine Bergbausiedlung, in der die Belegschaft einer Zeche des Ruhrgebiets unterkam. Zu diesem Zweck wurden dort über hundert Wohnungen gebaut. Ein beeindruckender "Lost Place". Erbaut wurde das alles Anfang des letzten Jahrhunderts, sodass die meisten Gebäude schon mehr als 100 Jahre alt sind.
Betreten werden kann die rechteckig geformte Siedlung durch ein großes Eingangsportal, eine Art Tunnel, welcher durch die Wohngebäude ins Innere führt. Die eine Seite des Dorfes ist eher eng bebaut – viele kleinere Wohnungen in größeren Gebäuden – bei der anderen ist es eher umgekehrt: Hier findet sich eine große, quasi freistehende Villa. In die Gebäude selbst kommt man relativ einfach hinein. Hier eine offene Tür, da ein offenes Kellerfenster.
Außerdem gibt es eine lange Reihe von Ställen und Schuppen im Inneren des Gebäude-Karrees. Taubenzucht? Musste damals im Ruhrgebiet einfach sein. Ich war nicht sicher, ob ich folgendes erwähnen sollte, tue es der Vollständigkeit halber aber: In einem der Nebengebäude wurde mal eine Leiche gefunden – schreibt zumindest eine bekannte Zeitung. Heute leben dort viele wilde Katzen.
Alles top in Schuss?
So schön alles dort auch anzusehen ist, so kaputt ist auch alles. Einige Dächer sind abgedeckt, es ranken Pflanzen hinein und viele Gemäuer sind morsch. Im Zentrum der Anlage findet sich heute eine große, wild gewachsene Wiese. Laut Zeitungsberichten war dort aber immer schon alles sehr grün. Heute teilweise überwuchert, früher ein parkartiges Inneres für die Arbeiter und ihre Familien.
Eingestürzte Dächer, Decken und Treppen. Verrammelte Fenster. Und erst recht keine erhaltene Einrichtung – bis auf ein paar wenige Möbel auf Dachböden und hier und da mal einen Sessel und...
...ein paar Pornohefte aus den 90ern haben wir noch gefunden. Anscheinend wurde damals in Praline und Co zumindest noch ein bisschen Wert auf Qualität gelegt: Es gab richtige, redaktionelle Artikel. Mit Inhalt und Recherche und allem. In einem Pornoheft.
Warum wurde das Dorf überhaupt verlassen?
Das Dorf liegt sehr nahe an einer größeren Stadt in NRW, so dass sie an drei Seiten von anderen, noch bewohnten Gebäuden umgeben ist. Das wunderte mich.
Die Häuser der Siedlung waren allesamt verlassen, die, die ringsherum standen, fast alle bewohnt. Wie kann das sein? Warum hatten die hiesigen Bewohner ihre Heime verlassen, während alle anderen um sie herum blieben?
Bis wir dort ankamen, dachte ich, dass es sich vielleicht um eines dieser Dörfer, die unter Protest der Bewohner für den Braunkohle-Tagebau geräumt wurden und bald vom Bagger platt gemacht werden, handelt. Dem war aber nicht so. Kein Braunkohle-Abbau in der Nähe. Bergschäden durch einstürzende Stollen darunter kamen auch nicht in Frage, denn dann gäbe es auch in der Umgebung leerstehende Gebäude.
Dazu kommt, dass die Wohnungen an sich eigentlich sehr schön waren – geräumig, hell, mehr oder weniger im Grünen, und trotzdem stadtnah. Keine ungewöhnliche Arbeitersiedlung für das Ruhrgebiet. Meine Großeltern haben selbst in einer solchen gewohnt.
Warum haben die früheren Bewohner allesamt ihre sieben Sachen gepackt und sind abgezogen? Ich jedenfalls konnte bisher keine plausible Erklärung entdecken. Weiß jemand mehr?
Wie gehts weiter?
Wie es aussieht, wurde das ganze Areal von einer Immobilienfirma aufgekauft, welche nun einige der Häuser renovieren und andere abreißen lassen möchte. An ein paar der Häuser standen schon Baugerüste. Anscheinend wurde also schon mit dem Vorhaben begonnen.
Das ist natürlich schade für alle Urbex-Menschen, die sich diesen "Lost Place" noch anschauen möchten. Allerdings wäre es meiner Meinung nach noch viel schlimmer, diese schönen, alten Häuser weiter verfallen zu lassen, statt sie wieder bewohnbar zu machen.
Bleibt also nur zu hoffen, dass es endlich voran geht und wieder Wohnungen daraus werden – und es dabei keine Luxussanierung samt Mietsteigerung gibt. Und bis es soweit ist, kann man die "Geistersiedlung" ja auch noch erkunden.
Ich hoffe es hat Spaß gemacht, die Story zu lesen und die Bilder anzuschauen. Bis bald!
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