Lost Places. Fotografie. Ruhrgebiet.

Geisterdorf: Verlassene Stadt Immerath u. Tagebau Garzweiler

Garzweiler und Immerath: Verlassenes Dorf
Garzweiler und Immerath: Verlassenes Dorf

Endlich wieder ein Lost Place: Immerath, ein verlassenes Dorf in NRW. Aufgegeben wurde es wegen des Braunkohle-Tagebaus Garzweiler, welcher direkt an den nun verlassenen Ort grenzt. Ein ganze verlassene Stadt samt Krankenhaus, Kirche und Wohnhäusern – bald wird sie von den riesigen Schaufelradbaggern des Garzweiler-Tagebaus aufgefressen worden sein. Außerdem: Ein scheinbarer Suizidversuch und eine Begegnung mit der Security-Firma von RWE, sowie einige Fotos aus dem Geisterdorf und von den Schaufelradbaggern.

Bei unserer letzten Urbex-Tour – die erste dieses Jahres – sind wir nach Immerath bei Erkelenz gefahren: Ein verlassenes Dorf in NRW, welches wohl bald vom Erboden verschwunden sein wird. Verlassen wurde der Ort wegen dem direkt daran angrenzenden Tagebau Garzweiler.

Braunkohle-Tagebau Garzweiler: Panorama
Braunkohle-Tagebau Garzweiler: Panorama
Garzweiler: Schaufelrad von Bagger 258
Garzweiler: Schaufelrad von Bagger 258

Tagebau Garzweiler

Garzweiler und die Schaufelradbagger

Dabei handelt es sich um ein riesiges, mehrere Kilometer(!) durchmessendes „Loch“ in dem mittels gigantischer Schaufelradbagger Braunkohle für die örtlichen Kraftwerke gefördert wird. Diese Bagger sind bis zu unglaublichen 225m lang und 100m hoch – und damit die größten Landfahrzeuge der Welt.

Ich fand die Ausmaße des Tagebaus und der Schaufelradbagger einerseits extrem beeindruckend, andererseits aber auch ziemlich abstoßend. Krass, wie konsequent die Menschen ihre Umwelt zerstören. Zwar hatte ich vorher schon einiges darüber gelesen, es real zu sehen war aber doch etwas anderes.


„Suizid“ und Sicherheitsdienst

Nach unserer Ankunft sind wir, nach einer kurzen Vorab-Tour durch Immerath, als erstes zum Tagebau selbst gelaufen. Das erste was mir auffiel war, dass man einfach so bis zur Kante des Tagebaus gehen konnte. Also los.

Ab über ein abgeholztes, brachliegendes Feld – bis vor kurzem Stand hier noch das Dorf Pesch – an ein paar Stopp-Schildern vorbei, über einen kleines „Erdwällchen“ und schon standen wir an der Kante. Kein Zaun, kein nix. Das wunderte mich ziemlich, da ja ziemlich viel und auch teilweise militant gegen den ganzen Braunkohlekram protestiert wird und die Schaufelradbagger nicht gerade billig sind.

Riesige Ketten von Bagger 258
Riesige Ketten von Bagger 258
Gesamtansicht des Schaufelradbaggers
Gesamtansicht des Schaufelradbaggers

Da standen wir dann, nur 100 Meter vom riesigen Schaufelrad des Baggers entfernt. Jedoch dauerte es nicht lange, bis hinter uns jemand anfing herumzuschreien. Dort standen dann zwei Wachleute, die uns aufforderten sofort vom Rand des Lochs wegzukommen.

Während der männliche der beiden mehr am grunzen als am reden war, war seine Begleiterin eigentlich ziemlich nett und sagte uns, dass der Baggerfahrer – das Führerhäuschen direkt neben dem Schaufelrad ist auf dem Foto zu sehen – die beiden angefunkt hätte und meinte: „Da stehen schon wieder welche an der Kante und wollen sich umbringen!“

Wir wollten uns natürlich nicht umbringen. Meine Frage, ob dort auf diese Weise tatsächlich schon Leute gestorben sind, wurde allerdings bejaht. Warum dann dort kein Zaun steht, wurde folgendermaßen beantwortet: „Das Land hier gehört immer noch den ansässigen Bauern, deswegen können wir hier keine Zäune bauen.“ Aber den ganzen Ort abbaggern geht? Mh.

Tagebau Garzweiler: Windenergie und Kohlekraftwerke
Tagebau Garzweiler: Windenergie und Kohlekraftwerke
Leerstehende Kirche von Immerath
Leerstehende Kirche von Immerath

Braunkohle, RWE und Umweltzerstörung

Da die Umwelt durch den Braunkohle-Tagebau extrem zerstört wird und Menschen vertrieben werden, hier noch ein paar Infos: Betrieben wird das ganze von RWE, also einem Atom-Konzern. Neben diversen schon im Tagebau Garzweiler verschwundenen oder noch folgenden Orten, wird auch der Hambacher Forst dem Tagebau Hambach (direkt neben Garzweiler) zum Opfer fallen. Hier ein paar sehr sympathisch vorgetragene Infos von den Leuten von #WDR 360.

Außerdem ist mir aufgefallen, dass um den Braunkohleabbau herum überall Windräder standen. Ob sie von RWE zu Promo-Zwecken extra genau dort platziert wurden, weiß ich nicht, könnte es mir aber gut vorstellen. Quasi um den Eindruck zu erwecken, dass sie in Sachen Energiewende eben doch engagiert sind.


Die verlassene Stadt: Immerath

Wie kommt die denn da hin?
Wie kommt die denn da hin?
Ab auf die stille Treppe!
Ab auf die stille Treppe!

Leerstehende Wohnhäuser und Bauernhöfe

Anschließend sind wir dann zurück zu unserem eigentlichen Ziel: Immerath, die – bis auf wenige letzte Einwohner – verlassene Stadt. Als erstes fiel mir auf, dass der Ort viel größer ist, als ich gedacht habe – z.B. als dieses verlassene Dorf.

Tatsächlich stand fast jedes Gebäude leer – sozusagen ein einziger, großer „Lost Place“: Die Kirche, die Wohnhäuser, eine Textilfabrik. Vor letzterer haben wir dann auch nochmal unsere die grunzende und die nette Bekanntschaft wiedergetroffen.

Der Abriss von Immerath hat begonnen
Der Abriss von Immerath hat begonnen
Über den Dächern: Die Immerather Kirche
Über den Dächern: Die Immerather Kirche

Über den Dächern von Immerath: Die verlassene Textilfabrik

Viele Häuser sind felsenfest verrammelt, einige mit ein bisschen Mühe zugänglich – natürlich ohne etwas aufzubrechen o.Ä. So auch die örtliche Textilfabrik. Von einer anliegenden Dachterrasse hatte man einen prima Blick über die Dächer von Immerath, bis hin zu den Kirchtürmen (die Kirche selbst war leider absolut dicht).

Auf dem Dachboden der Fabrik haben wir noch ein paar interessante Entdeckungen gemacht: Tonnenweise Fledermaus- oder Taubenkacke, ein mit selbiger bedecktes uraltes Fahrrad und ein paar andere Dinge: Milchkannen, Stühle, passend zur Textilfabrik tausende Knöpfe...

Verlassenes Dorf: Alter Dachbden
Verlassenes Dorf: Alter Dachbden
Uraltes Fahrrad auf dem Dachboden
Uraltes Fahrrad auf dem Dachboden

Fazit

Abgesehen von der eigentlich ganz witzigen Begegnung mit dem Sicherheitsdienst von RWE, war es eigentlich ziemlich entspannt. Hier und da über einen Zaun, durch ein offenes Fenster o.Ä. gehüpft und fertig. Immerath war der bisher wohl größte „Lost Place“ den wir gesehen haben – falls man es überhaupt so nennen kann.

Disclaimer: Ja ich weiß, viele „Urbexer“ regen sich über exakte Ortsangaben und Adressen auf, daher schreibe ich sie normalerweise auch nicht. Garzweiler bzw. Immerath ist jedoch frei zugänglich, in jeder Karte verzeichnet und bald im Tagebau verschwunden.

Wahrscheinlich kennen viele, die sich für Urban Exploration interessieren, Immerath bereits, aber wie immer hoffe ich, dass die Bilder und der Artikel gefallen haben! Bei Kritik, Gestänker oder Lob einfach schreiben!



Dachbodenfunde
Dachbodenfunde
Fenster eines verlassenen Wohnhauses in Immerath
Fenster eines verlassenen Wohnhauses in Immerath
Verlassene Kleidungsfabrik: Knöpfe
Verlassene Kleidungsfabrik: Knöpfe
Immerath: Zurückgelassener Teddy
Immerath: Zurückgelassener Teddy
In Immerath zurückgelassene Säge
In Immerath zurückgelassene Säge
Verlassene Stadt
Verlassene Stadt

Erscheinungsdatum
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4 Kommentare

KommentareMöchtest Du auch einen schreiben?
  1. MarkusMarkus |

    Oh wow! Ich liebe diese Lost Places. Ganz wunderbare Eindrücke. Leider ist die Entfernung doch eher groß. Aber wenn ich in der Ecke mal bin dann wird das ein Pflichtbesuch! Danke fürs zeigen!!!

    lg Markus

    1. Finn (SagtMirNix)Finn (SagtMirNix) |

      Hi Markus,

      sehr gerne! Und kann ich nur empfehlen. Hatte zwawr schon einiges darüber gelesen, aber selbst davor zu stehen, war schon was anderes. Sowohl positiv als auch negativ :D

      Viele Grüße,

      Finn.

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  2. Christoph BußChristoph Buß |

    Wie immer, Finn: EIn toller Artikel, mit super stimmungsvollen und nachdenklichen Fotos!!! Ich hab' da noch 'ne (glaube ich) ganz gute Idee zu... Die lass ich aber erstmal sacken und kontaktiere dich dann per PM.

    1. Finn (SagtMirNix)Finn (SagtMirNix) |

      Hi Christoph,

      vielen Dank!

      Und bin gespannt ;) Lass dir ruhig Zeit und wenn dus dir überlegt hast, meld dich sehr gerne! Fands immer interessant, was du so alles gemacht hast.

      Viele Grüße,

      Finn.

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