Man hat sich gerade eine Vollformat-Kamera angeschafft und steht nun vor der Frage, welches Objektiv man sich für Portraits und Bilder von Personen zulegt. Dann stellt man fest, dass für Nikon unendlich viele Objektive in Frage kommen – sogar fürs Vollformat FX.
In exakt dieser Situation habe auch ich vor kurzem gesteckt und unzählige(!) Tests, vor allem von Photozone und The Digital Picture, ausgewertet und mich anschließend entschieden. Vor allem letztere Seite ist für Vergleiche extrem zu empfehlen. Nun dachte ich mir es sei doch eine gute Idee meine Ergebnisse mit euch zu teilen.
Was muss ein Portrait-Objektiv alles können?
Oder lieber direkt zur Zusammenfassung?
Das wichtigste zuerst. Zumindest kurz und übersichtsweise. Entscheidend sind in der Hauptsache zwei Faktoren:
Erstens: Das Objektiv sollte möglichst lichtstark sein, sprich eine große Blendenöffnung haben. Eine maximale Blende von 1.4 bis 2.8 sollte also vorhanden sein. Hierdurch lässt sich ein schönes Bokeh erzeugen – sprich der Hintergrund wird unscharf und „nur“ das Hauptmotiv – die fotografierte Person – ist scharf. Es ist jedoch nicht nur die Lichtstärke allein entscheidend, je nach Bauart erzeugen verschiedene Objektive auch verschieden „schöne“ Bokehs. Später mehr dazu.
Zweitens: Die Brennweite sollte im leichten Tele-Bereich liegen damit ein natürlicher und „naher“ Blickwinkel entsteht. Eine Brennweite von ungefähr 60mm bis 120mm sollte in Ordnung sein. Die klassische Portrait-Brennweite beträgt bei Nikon 85mm.
Zusätzlich sollte das Objektiv natürlich möglichst scharf abbilden – wie in jedem anderen Bereich der Fotografie auch.
Nur das Beste von Besten!
Der Preis spielt keine Rolle? Es soll nur das Beste sein? Kein Problem! Wenn man bereit ist gut 1.350 Euro für ein neues Exemplar auf den Tisch zu legen, wird man am Nikon AF-S 85mm f/1.4 G seine wahre Freude haben. Absolut scharf – vor allem ab f/4.0 – und mit einer maximalen Blende von f/1.4 auch extrem lichtstark.
Dazu kommt, dass es ein sehr schönes Bokeh erzeugt. So wird es in diversen Foren und auf vielen Fotografie-Websites oft als die „Cream Machine“ (Was zum F...?!) bezeichnet.
Gebraucht beträgt der Preis momentan ungefähr 850 Euro, neu muss man wie gesagt noch einmal 500 Euro mehr auf den Tisch legen. Dafür bekommt man dann aber auch unzweifelhaft eines der besten Portrait-Objektive, die es für Nikon FX gibt.
Es soll etwas günstiges sein?
Ebenfalls kein Problem – auch nicht im Vollformat-Bereich, in dem die Objektive ja meist ein wenig teurer sind. Da wäre zum einen das Nikon AF 85mm f/1.4 D und zum anderen sein großer Bruder, das Nikon AF 85mm f/1.8 D. Beide gehören der etwas älteren D-Reihe an, bei der das D – aufgrund der Entfernungsmmessung – für Distance steht.
Das 1.4er ist zwar ebenfalls extrem lichtstark, liegt jedoch in Sachen Schärfe (vor allem an den Bildrändern) hinter seinen Konkurrenten. Gebraucht ist es für ungefähr 600 Euro zu bekommen.
Das 1.8er hingegen weist eine durchgängig sehr gute Bildqualität auf – die Schärfe geht bis in die Ecken. Allerdings ist es auch eine halbe Blendenstufe weniger lichtstark. Sein größer Vorteil dürfte jedoch der geringe Preis sein. Ein Gebrauchtes kann man mit eine wenig Glück schon für 250 Euro zu haben. Definitiv der Preis-Sieger.
Ein günstiges UND sehr gutes Portrait-Objektiv?
Jop. Auch das gibt es. Das Nikkor AF-S 85mm f/1.8 G sei gepriesen: Mit einer maximalen Blende von 1.8 sehr lichtstark und mit 85mm ebenfalls eine klassische Portrait-Brennweite. Als Teil der AF-S- bzw. G-Reihe (neben dem eingangs genannten 1.4er) eines aus der neuesten DSLR-Objektiv-Reihe von Nikon. Seine größten Vorteile dürften folgende sein:
Erstens ist es unglaublich scharf – bis Blende 4.0 sogar schärfer als sein Partner, das Nikon AF-S 85mm f/1.4 G – und zweitens ist es für nur knapp über 300 Euro zu bekommen, wenn es nicht neu sein muss. Besteht man allerdings auf Neuware beträgt der Preis etwa 450 Euro. Für eine Portrait-Linse fürs Vollformat ebenfalls nicht besonders teuer. Klarer Preis-Leistungs-Sieger!
Nach meinem Umstieg zur Nikon D600 habe ich mir dieses Objektiv zugelegt und bin nach wie vor begeistert.
Es soll ein Portrait-taugliches Zoom sein?
Wenn man flexibler sein möchte, kann ein Zoom-Objektiv durchaus Sinn machen – auch wenn ich Verfechter von Festbrennweiten bin.
Möchte man zusätzlich möglichst viele Nicht-Portrait-Motive angemessen fotografieren können, eignet sich aufgrund seiner Brennweite vor Allem das Nikon AF-S 24-70mm f/2.8G ED , welches sowohl den Weitwinkel-, als auch den Normalbereich abdeckt. Mit f/2.8 ist es auch lichtstark genug, um bei 70mm eine einigermaßen anständige Freistellung zu gewährleisten. Scharf ist es ebenfalls. Gebraucht schlägt es mit etwa 900 Euro zu Buche – neu mit etwa 1.300 Euro – und ist damit eines der teureren Objektive dieser Klasse. Als Alternative könnten hier die etwas schlechteren 24-70er von Sigma oder Tamron herhalten.
Als Portrait-Objektiv ist jedoch das Nikkor AF-S 70-200mm f/2.8 G ED VR (II) aufgrund seiner Brennweite deutlich besser geeignet. Außerdem lässt sich die fotografierte Person aus demselben Grund um einiges besser Freistellen. Die Bildqualität ist erste Sahne. Jedoch muss man auch hier sehr tief in den Geldbeutel greifen: Gebraucht kostet es ungefähr 1.300 Euro, neu noch ca. 300 mehr. Auch hier gibt es günstigere, FX-taugliche Alternativen von Sigma und Tamron.
Was ist mit Sigma, Tamron etc.?
Der - sowieso nicht ganz gegebenen - Vollständigkeit halber sei hier noch das Sigma AF 85mm f/1.4 EX DG erwähnt. Durchaus ein gutes Objektiv, im Vergleich zu den 85mm-Linsen von Nikon aber leider schlechter in der Abbildungsleistung und mit einem Preis von ca. 850 Euro auch nicht gerade billig.
Steht man sonst sehr auf Makro-Fotografie, kann allerdings auch das Sigma 105mm f/2.8 EX DG Macro (neu für 450 Euro zu haben) durchaus gut geeignet sein um Portraits zu schießen. Die Brennweite passt gut und die Lichtstärke ist ebenfalls ausreichend. Nachteil: Es ist selbstredend für Makros und nicht für Fotos von Menschen optimiert. Alternative: Das Tamron 90mm f/2.8 Di VC Macro, welches allerdings etwas weniger gut abschneidet.
Zusammenfassung
Qualität! Ich will das Maximum: Kauf dir das Nikon AF-S 85mm f/1.4 G (Gebraucht: 850 / Neu: 1.350 Euro)!
Nee, es soll etwas günstigeres sein: Nimm das Nikon AF 85mm f/1.8 D (Gebraucht: 250 Euro), wenn dir Schärfe wichtiger als Lichtstärke ist, ansonsten das Nikon AF 85mm f/1.4 D (Gebraucht: 600 Euro)!
Ich hätte gerne ein gutes UND günstiges Portrait-Objektiv: Definitiv das Nikon AF-S 85mm f/1.8 G (Gebraucht: 320 / Neu: 450 Euro)!
Soll es ein Zoom sein, dann ist das wichtigste, welche Motive du sonst so fotografierst: Liegst du eher im Weitwinkel- oder im Tele-Bereich?
Nun ja! Ich hoffe, ich konnte dem bzw. der ein oder anderen die Entscheidung ein wenig erleichtern. Wenn ich etwas wichtiges vergessen habe: Einfach melden! Bei Fragen: Natürlich ebenfalls. Ansonsten viel Spaß weiterhin!
Bonus: Das Pendant dieses Artikels für (Ultra-)Weitwinkel: Eine Übersicht der Weitwinkel-Objektive für Vollformat-Kameras von Nikon – natürlich sind sie auch an APS-C-Kameras nutzbar. Oder möchtest du noch ein mal genau die Vor- und Nachteile bzw. die Unterschiede von APS-C- und Vollformat-Sensoren erklärt haben?
Achja: Demnächst erscheinen hier ein paar Fotoserien, welche ich mit meinem Nikon AF-S 85mm f/1.8 G gemacht habe. Außerdem kommt noch ein ähnlicher Artikel für (Ultra)-Weitwinkel-Zooms. Der Artkel ist nun erschienen, siehe ein paar Zeilen weiter oben.
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