Lost Places. Fotografie. Ruhrgebiet.

Fotos für die Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen

Hunger im Tschad (© Corentin Fohlen/for UNHCR/Divergence)
Hunger im Tschad (© Corentin Fohlen/for UNHCR/Divergence)

Uneingeschränkte Kaufempfehlung: Die Fotos für die Pressefreiheit von den Reportern ohne Grenzen – meiner Meinung nach für alle, die sich für Fotografie und ein wenig für das Weltgeschehen interessieren. Warum? Erstens: Man bekommt Einblicke in fast alle Krisenregionen und Kriegsgebiete dieser Welt, und das auch noch aus erster Hand. Zweitens: Das Geld kommt direkt einem guten Zweck zugute und wird dazu benutzt, überall dort einzugreifen, wo die Medien- und Meinungsfreiheit bedroht ist. Drittens: Die Fotos sind aller erste Klasse. Viertens: Es kostet kaum etwas.

Heute gibts mal was anderes als sonst: Keine Tipps zum Fotografieren, keine Urban Exploration-Fotos, nein, heute gibt es mal etwas Werbung (Keine Sorge, ich verdiene nix daran, moralisch alles tip-top!). Mit viel Wohlwollen kann man es vielleicht auch als Rezension zu einem Fotoband bezeichnen: Die Fotos für die Pressefreiheit 2015.


Fotos von allen Krisenherden dieser Welt

Abgesehen davon, dass man erstklassige fotografische Arbeit geboten bekommt, erhält man Einblicke in fast alle aktuellen Krisenherde und Kriegsgebiete des Planeten: So z.B. in Syrien und Irak, wo die Kämpfe mit dem IS toben, oder in Liberia, wo noch immer Ebola grassiert. Es werden viele ein- bis zwölfseitige Stories über je ein Land gezeigt – plus Bilder, denn es ist ja in erster Linie ein Fotobuch.

Schönes Gimmick: Die aktuelle Rangliste der Pressefreiheit – 180 Länder – bildet das Inhaltsverzeichnis. Allein diese Rangliste ist schon einen längeren Blick wert. Hättest Du gedacht, dass Niger in Sachen Pressefreiheit vor den USA logiert?

Zur Lethargie verdammt im Iran (© Newsha Tavakolian)
Zur Lethargie verdammt im Iran (© Newsha Tavakolian)
12-jähriges Mädchen auf der Flucht vor dem IS im Irak (© Ayman Oghanna)
12-jähriges Mädchen auf der Flucht vor dem IS im Irak (© Ayman Oghanna)

Lethargie im Iran

Wenn auch nicht "direkt aus dem Leben gegriffen", sondern eher studioähnlich aufgenommen, fand ich die Fotos aus dem Projekt Look von Newsha Tavakolian mit am eindrucksvollsten.

Jeden Abend um Punkt acht Uhr richtete Tavakolian die Kamera auf ihr Schlafzimmerfenster, durch das sie seit zehn Jahren auf das Grau der Wohnblöcke gegenüber schaut.


Der Gaza-Streifen

Ein anderes Foto, welches ich wirklich krass fand, war eines aus dem Gaza-Streifen. Auf dem Bild sind einige Palästinenser zu sehen, welche unter (!) einem durch Bomben zerstörten und umgekippten Minarett beten. Interessant: Es werden Fotos zweier Fotografen – ein Palästinenser und ein Israeli – gezeigt.

Betende Palästinenser unter umgestürztem Minarett im Gaza-Streifen (© Wissam Nassar)
Betende Palästinenser unter umgestürztem Minarett im Gaza-Streifen (© Wissam Nassar)
Doppelbelichtung: Beerdigung / Kämpfer in Syrien (© Alice Martins)
Doppelbelichtung: Beerdigung / Kämpfer in Syrien (© Alice Martins)

Krieg in Syrien

Sehr ungewöhnlich für Kriegsfotografie und vor allem fotografisch interessant: Alice Martins belichtete ihre Fotos aus dem syrischen Bürgerkrieg oft doppelt, wodurch einige äußerst eindringliche Motiv-Kombinationen entstanden – vielleicht genau deswegen einige der packendsten Bilder der aktuellen Ausgabe von Fotos für die Pressefreiheit.


Maidan und Bürgerkrieg in der Ukraine

Die unabhängig von den Bildern mitreißendste Story war – für mich – wohl die aus der Ukraine: Angefangen beim Maidan-Protest, bis hin zum aktuellen Bürgerkrieg. Auch hier sind die Bilder mehr als sehenswert: Vor allem diejenigen direkt vom Maidan. Das zwölfseitige Interview mit dem ukrainischen Fotografen Maxim Dondyuk ist gleichzeitig eine der Haupt-Stories der 2015er Ausgabe.


Die Reporter ohne Grenzen

Musikerin Solomija Melnik auf dem Maidan (© Maxim Dondyuk)
Musikerin Solomija Melnik auf dem Maidan (© Maxim Dondyuk)

Einerseits stellen Reporter und Fotografen aus aller Welt ihre Bilder Reporter ohne Grenzen für Fotos für die Pressefreiheit kostenlos zur Verfügung und verdienen somit nichts daran. Andererseits kommt der Erlös des Fotobuchs direkt Reporter ohne Grenzen, und somit auch verfolgten Journalisten, zugute – er fließt also in den Erhalt der Pressefreiheit.

Die Reporter ohne Grenzen unterstützen also in Not geratene, verfolgte oder von Berufsverbot betroffene Journalisten in den Regionen dieser Erde, in denen es mit der Meinungs- und Pressefreiheit nicht besonders weit her ist. Außerdem werden z.B. zensierte Webseiten gespiegelt. Und das alles kostet Geld.

Es folgt ein Zitat der ersten Seite der Fotos für die Pressefreiheit 2015:

Unser Nothilfereferat unterstützt verfolgte Journalisten […] Ziel ist es, ihnen so zu helfen, dass sie ihre journalistische Tätigkeit weiterführen oder wiederaufnehmen können. […] Nach Misshandlungen oder Anschlägen ermöglichen wir bedrohten Journalisten eine medizinische Behandlung. […] Reporter ohne Grenzen finanziert sich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen, sowie durch den Verkauf dieses Fotobuchs.

Fotos für die Pressefreiheit 2015 (© Reporter ohne Grenzen)
Fotos für die Pressefreiheit 2015 (© Reporter ohne Grenzen)

Wie teuer und wo bestellen?

Der Preis für Fotos für die Pressefreiheit beträgt gerade mal 14 Euro – keine zusätzlichen Versandkosten innerhalb Deutschlands.

Da die meisten Menschen die sich mit Fotografie beschäftigen wohl nicht zu den Allerärmsten gehören – hier eine Kamera für 500 Euro, da ein Objektiv – wird der Preis wohl kaum weh tun, wenn man ehrlich ist. Aber selbst wenn – es ist ja nicht so, als bekäme man nichts geboten. Also los.

Bestellt werden kann der Fotoband hier: Fotos für die Pressefreiheit. Natürlich gibt es dort auch die Ausgaben der vergangenen Jahre.


Ich hoffe, ich konnte den / die ein oder andere(n) dazu bewegen sich diesen wunderbaren Fotoband zu kaufen. Ich selbst habe jedes Exemplar der letzten fünf Jahre und war jedes Mal begeistert.


Vielen Dank an Reporter ohne Grenzen, für die Erlaubnis, die Bilder zu benutzen!

Erscheinungsdatum
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4 Kommentare

KommentareMöchtest Du auch einen schreiben?
  1. ThomasThomas |

    Die Fotos machen einen echt großen Eindruck! Danke für den Beitrag.

  2. Finn (SagtMirNix)Finn (SagtMirNix) |

    Ja, das fand ich ich auch. Sehr gern & schön, wenns gefällt!

  3. AleksandraAleksandra |

    Hallo Finn,

    danke für diesen Tipp. Die Dokumentarfotografie interessiert mich sehr und ich habe das Buch gleich gekauft. Es ist diese Woche gekommen und ich schaue immer wieder mal rein und lasse die Fotos und die Geschichten auf mich wirken.

    Viele Grüße

    Aleksandra

  4. Finn (SagtMirNix)Finn (SagtMirNix) |

    Oh wow, das freut mich natürlich sehr! :) Geht mir ähnlich und bin schon ziemlich gespannt auf die nächste Ausgabe.

    Ich hätte nicht gedacht, dass sich wegen dem Artikel tatsächlich ein paar Leute das Fotobuch kaufen. Ist aber wohl doch so :D

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